«Heute hat der moderne Koch ein, höchstens zwei Messer, dafür sehr hochwertige.»
Jo Wiesner bei der Arbeit zuzuschauen, beruhigt. Wie er den Stahl im Gasofen erhitzt, bis er glühend rot ist. Wie er ihn mit einem automatischen Federhammer wie Knete dehnt und presst. Wie er den Stahl mit einem Hammer auf dem Amboss in einem hypnotischen Rhythmus zur Messerform schlägt. Hier, in seiner kleinen Schmiede in Escholzmatt, mitten im Entlebuch, gibts keine Hektik, keine Ablenkung, keinen Stress.
Wiesner arbeitet grundsätzlich noch so, wie es Schmiede seit Jahrtausenden tun. Klar hat er einige moderne Helfer; den elektrisch betriebenen Federhammer aus dem Jahr 1941 etwa oder die Schleifmaschine. Vom Prinzip her hat sich in seiner Arbeit jedoch nicht viel verändert. Der junge Schmied hat sich darauf spezialisiert, hochwertige Messer aus Damaszener und Monostahl herzustellen. Diese Stähle sind hart und flexibel zugleich, die Messer bleiben lange scharf. Für den Damaszener Stahl charakteristisch ist die wellenartige Musterung auf der Klinge.
Wiesner ist mit seinen 21 Jahren ein Rookie in der Schmiedebranche. Gelernt hat er ursprünglich Küfer, ebenfalls ein altes Handwerk, mit dem er Holzfässer beispielsweise für die Weinabfüllung baute. Es stellte sich heraus: Nach der Lehre eine Arbeit zu finden, ist schwer. Auf der Suche nach einer Alternative kam Wiesner in den Sinn, dass er schon immer von Messern fasziniert war. Bereits als Kind hatten ihn Schwerter, Beile und Messer in den Bann gezogen. «An Mittelaltermärkten blieb ich am Amboss stehen und sah dem Schmied bei der Arbeit zu.»
Zwei Jahre lang liess er sich nun bei einem Messerschmied-Ehepaar – Freunden seines Vaters, des bekannten Kochs und «Hexers vom Entlebuch» Stefan Wiesner – in die spezielle Welt der Schmiedekunst einführen. Seit September 2018 hat er seine eigene, kleine Schmiede. Wiesners Ziel ist klar: von seinen Messern bescheiden leben zu können. «Es ist gut angelaufen», sagt er. «Ich bin einer, der nicht das neuste Auto haben oder ständig in die Ferien gehen muss. So reicht es mir.»
Zu Jo Wiesners Kunden gehören neben ambitionierten Hobbyköchen, Jägern und Fischern auch Profiköche. «Sie wollen ein Unikat, ein Messer, das ganz persönlich auf sie abgestimmt ist», sagt der Schmied. Dafür setzt er sich mit seinen Kunden zusammen, lernt sie zuerst einmal kennen und entwirft dann jedes Messer von Hand auf einem Blatt Papier. «Es geht darum, herauszufinden, wie das Messer eingesetzt werden soll. Ob für Fisch, Gemüse, oder Fleisch.» Vielen Profiköchen sei die Ausbalancierung eines Messers sehr wichtig – sprich: ob es eher kopf-oder grifflastig ist. «Jeder hat seinen eigenen Schneidstil. Das Messer kann ich je nach Vorliebe anpassen.»