«Im Catering entscheidet einer von 100, was die anderen 99 essen.»
Die Herausforderung, sich wirtschaftlich über Wasser zu halten, ist für Schweizer Gastronomen längst zum täglichen Brot geworden. Nicht unbedingt Goldgräberstimmung, aber mehr Optimismus herrscht im Cateringgeschäft, vor allem im Business- und Eventcatering. Die grossen Player der Gemeinschaftsgastronomie haben das Potenzial der Sparte erkannt und engagieren sich verstärkt, der Geschäftsbereich dankt es mit solidem Wachstum. Auf über 1,7 Milliarden Franken schätzen Wirtschaftsexperten den Markt für Event-, Business- und Grosscatering in der Schweiz.
Festivals als Inspiration
Weniger Pomp, mehr Erlebnis, in diese Richtung geht in der Branche der Trend, weiss Rico Zindel, Geschäftsführer der Säntis Gastronomie, eines der grössten Cateringunternehmen der Ostschweiz. «Sich in Schale werfen, Haute Cuisine geniessen und drei Stunden am selben Platz sitzen», sagt er, «solche klassischen Bankett-Formate haben eher ausgedient. Ein Cateringevent, wie ihn sich der Gast von heute wünscht, ist wie ein Open Air, einfach ohne die Toten Hosen.» Dabei seien Streetfood-Festivals als Inspiration tonangebend. «Barbecues, Foodtrucks, Marktstände», sagt Zindel, «das wollen die Leute. Selbst Banken und Handelskammern fliegen darauf. Wir haben es mit einem Hype zu tun, der seine Spitze noch nicht erreicht hat.» Das glaubt auch Nicolai Squarra, Geschäftsführer von Dine & Shine, dem Cateringzweig der SV Group: «Der Streetfood-Trend», sagt er, «bleibt ungebrochen.»
«Vielreiserei sowie die sozialen Medien führen zu hohen Erwartungen an einen Event», sagt Anke Krause, ihres Zeichens CEO der Gamma-Gruppe, zu der die Sparte Gamma Catering gehört, «vor allem, was den Erlebnischarakter betrifft.» Veranstaltungen mit Festival-, Markt- oder Pop-up-Charakter trügen eben diesem Anspruch Rechnung. «Im Zentrum steht das Kommunikative», sagt dazu Krause, «die Leute wollen sich austauschen, nicht nur untereinander, sondern gerne auch mit dem Gastgeber.» Flying Dinners, bei denen jeder Gang an einem anderen Ort eingenommen werde, seien heiss begehrt, ebenso Sharing Dishes, also Gerichte zum Teilen.
«Zur Innovation verdammt»
«Heute entscheidet nicht der teure Champagner über den Erfolg einer Veranstaltung, sondern die Erinnerung, die der Gast mit nach Hause nimmt», sagt Samuel Hauser, Geschäftsführer von Blum-Hauser-Gastronomie. Die Firma betreibt im Zürcher Unterland zwei Restaurants und einen Cateringservice. Food in Bewegung, laute das Gebot der Stunde, der Gast wolle sich dazugesellen, wo es ihn grad hinziehe. «Da bietet sich das Marktstandkonzept an», sagt der Profi. «Es erfordert keinen Service im klassischen Sinn, dafür steigen Aufwand und Warenkosten in der Produktion. Die muss nicht nur ein Menü stemmen, sondern mehrere Stände bedienen. Das ist auch für die Warenkalkulation eine Herausforderung.»
Ungezwungen heisst nicht unkompliziert, zumindest nicht für den Gastgeber, macht auch Cateringexperte Zindel deutlich. «Die Leute erwarten vom Caterer, was sie von Pop-up-Restaurants kennen», sagt Zindel. «Wir sind, überspitzt gesagt, zur Innovation verdammt. Im Gegensatz zum Pop-up haben wir laufende Fixkosten und sind darauf angewiesen, dass wir ein Konzept erneut an den Mann bringen können, sonst rentiert es nicht.» Einfacher gestalte sich die Aufgabe bei Konferenzen und Kongressen. Auch da gehe es informeller zu, so habe der Grab-and-Go-Lunch im Paket den Mehrgänger am Tisch praktisch ersetzt: «Das hängt damit zusammen, dass Banken die Budgets kürzen oder Ärzte Medizinkongresse selbst berappen müssen, weil Pharmakonzerne sie nicht mehr sponsern dürfen.» Total sei die Rendite auf sogenannte Flying Lunches kleiner, sagt Zindel, «dafür sind sie eine dankbare Geschichte zum Vorbereiten».