«Wir haben uns bei Michelin proaktiv erkundigt, ob wir uns in die richtige Richtung bewegen.»
Sie machen Ihrem Ruf als eineiige Zwillinge alle Ehre – nicht nur optisch, sondern auch charakterlich: als zwei überaus ambitionierte Typen. Waren Sie schon immer so?
Fabio Toffolon: Absolut. Es ist an dieser Stelle natürlich ein bisschen müssig, aber wir behaupten: Wären wir Fussballer geworden, hätte es uns vermutlich in den Spitzensport verschlagen.
Dominik Sato: Das ist unsere grösste verpasste Chance! Dafür, dass wir nie in einem Verein waren, spielten wir nämlich wirklich sehr gut Fussball.
Toffolon: Ja, und auch im Turnverein oder am Schaffhauser Laufcup, den wir in der Jugend erfolgreich bestritten, war es uns immer wichtig, unter den Besten zu sein.
Sind Sie über diesen Ehrgeiz auch mal gestolpert?
Sato: Nein, das würde ich so jetzt nicht sehen.
Toffolon: Ich auch nicht. Aber klar, wenn man sehr ehrgeizig ist, gehören Phasen der Enttäuschung dazu. Die hatten wir beide – beruflich gesehen – durchaus. Wir wissen ja, was wir kulinarisch können, und auf unseren letzten Posten im Zum Äusseren Stand respektive im Seepark Thun wären wir zugegeben gerne höher bewertet worden. Im The Chedi Andermatt rechnen wir uns jetzt doch grosse Chancen auf den zweiten Stern aus.
Sato: Wobei wir vorher wirklich nicht schlechter kochten als heute in Andermatt.
Toffolon: Aber rundherum ist es hier noch einmal ein anderes Level: das gesamte Ambiente, nur schon das Geschirr, die Qualität des Servicepersonals...
Bleiben wir kurz bei der Enttäuschung. Wie gehen Sie damit um?
Sato: Mit Alkohol. Nein, Scherz! Abschütteln, weitermachen.
Toffolon: Das ist der einzig richtige Weg. Wir sind generell sehr positive Menschen, sehen das Gute und bleiben optimistisch.
Einen Tag nach Veröffentlichung dieses Interviews findet in Lausanne die Michelin-Verleihung statt – und Sie wissen, ob es für den zweiten Stern gereicht hat. Wie fest dreht sich Ihre Arbeit darum?
Sato: Unsere Karte ist absolut auf den zweiten Stern ausgelegt, so viel ist klar. Und wir haben uns bei Michelin auch proaktiv erkundigt, ob wir uns in die richtige Richtung bewegen, ob allenfalls etwas am Konzept oder an unserer Arbeit einem zweiten Stern im Weg stehen könnte. Wir werden es bald erfahren.
Toffolon: Grundsätzlich kochen wir vom Amuse-Bouche an so, dass es ein Feuerwerk ist. Das ist uns wichtig. Wir wollen kein Menü, das möglichst subtil beginnt, dann langsam einen Spannungsbogen aufbaut und sich langsam steigert – bei uns zeigen schon die Snacks, worauf das Ganze hinausläuft.
Eine entscheidende Rolle in Ihrer Küche spielen klassische Luxus produkte: Austern, Hummer, Kaviar. Ist das noch zeitgemäss?
Sato: Unserer Meinung nach: ja. Wir können nachvollziehen, dass andere Restaurants auf regionale Lebensmittel setzen und ihren Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit legen. Das ist wichtig und finden wir gut – sofern es keine leeren Floskeln sind und der Rahmen passt. Wir persönlich waren jedoch noch nie besonders dogmatisch und halten Abwechslung in der Branche für etwas Positives. Es wäre doch schade, wenn sich alle Küchen gleich ausrichten würden.
Toffolon: Bei uns geht es schlicht und ergreifend um absolut die beste Qualität. Wenn die allerbeste Wachtel aus Andermatt käme, würden wir die nehmen, keine Frage. Aktuell stammt sie aber aus dem Elsass. So wie Wagyu aus Japan qualitativ jedem anderen überlegen ist – mit Abstand. Da machen wir keine Abstriche und haben entsprechend Anpassungen vorgenommen.