«Es gibt Lieferanten, die fahren gar nicht bis zu uns.»
Was für ein Typ sind Sie?
Mario Inderschmitten: Ich bin eher ruhig, das schon, aber auch ehrgeizig. Ich probiere immer, das Beste rauszuholen.
Sie haben die Lehren als Koch und Konditor-Confiseur jeweils als Kantonsbester abgeschlossen. Sind Sie ein Streber?
Das würde ich nicht sagen. Ich habe es einfach gerne gemacht und versucht, möglichst gut zu sein. Das war nicht immer so. Ich bin im Gastgewerbe, in diesem Restaurant aufgewachsen. Und ich wusste nicht so genau, was ich einmal werden will. Der Schreinerberuf hat mich auch interessiert. Die Kochlehre habe ich einfach mal so begonnen, ohne grosse Ambitionen. Erst während der Ausbildung hat es mich gepackt.
Wie war es, in einem Restaurant aufzuwachsen?
Es war schön. Ich kannte nichts anderes. Es gab Zeiten, in denen man die Eltern öfter sah, und Zeiten, da war es weniger. So haben es meine Kinder jetzt auch. Im Winter schliessen wir für fast sechs Wochen, dafür ist im Sommer viel los.
Das Binntal ist ein sehr abgelegener Ort. Wieso kehrten Sie und Ihre Frau hierher zurück?
Einige Leute haben diesen Schritt nicht verstanden. Wir hätten auch andere Möglichkeiten gehabt. Aber hier in Binn sind meine Wurzeln und das Restaurant. Hier bin ich zu Hause. Meine Eltern führten den Betrieb während fast 30 Jahren.
Junge Familien sind in dieser Gegend sicher hochwillkommen.
Das Dorfsterben ist ein allgemeines Problem in den Bergen. Von den Schulkameraden, mit denen ich aufgewachsen bin, ist heute niemand mehr hier. Ich sagte mir immer, wenn wir einmal Kinder haben, ist dieser Ort ideal für sie, um aufzuwachsen. Zwar weiss ich nicht, ob es in Binn noch eine Dorfschule geben wird, wenn unsere Kinder einmal schulpflichtig werden, aber die Gegend ist wunderschön. Man ist in der Natur. Und auch hier kann man gut kochen. Es ist zwar nicht immer ganz einfach, aber es geht.
Was ist schwierig?
Es gibt Lieferanten, die fahren gar nicht bis zu uns. Und dann ist das Einzugsgebiet natürlich nicht mit einer Stadt vergleichbar: Wir haben weniger potenzielle Gäste. Es gibt Zeiten, die sehr ruhig sind. Im Sommer haben in Binn fünf Restaurants geöffnet, im Winter nur zwei, ausser im November, dann haben alle zu. Es ist auch sehr schwierig, Personal zu finden, das bereit ist, hier oben zu arbeiten. Ich verstehe das. Hier ist nicht so viel los wie etwa in Zermatt, und das letzte Postauto fährt um 18.20 Uhr. Zum Glück hilft meine Frau wieder im Service mit.
Und wo sind in dieser Zeit Ihre Kinder?
Wir haben sie einfach bei uns, oft im hinteren Bereich der Küche. Dort hat es ein wenig Platz. Familie und Arbeit geschehen momentan hier im Restaurant, zusammen und gleichzeitig.
Was hat Ihnen die Zeit in der Nationalmannschaft gebracht?
Ich habe extrem viel trainiert und so auch sehr viel gelernt. Zum Beispiel die sehr feinen Friandise-Geschichten, die hätte ich sonst sicher nicht gemacht. Man lernte, die Dinge bis ins Detail auszuarbeiten. Und dann habe ich viel gesehen, kam in der Welt herum. Aber in diesen insgesamt sechs Jahren blieb neben der Arbeit, den Trainings und den Wettkämpfen nicht viel Zeit für anderes übrig.
Was genau gefällt Ihnen am Kochberuf?
Sicher das Kreative, das Entwickeln von neuen Gerichten. Das Arbeiten mit Lebensmitteln und natürlich die Tatsache, dass man seinen Gästen eine Freude bereiten kann.
Wie würden Sie Ihre Küche beschreiben?
Das ist für mich eher schwierig. Ich lege Wert darauf, allen Gästen etwas zu bieten. Ein Tourist findet bei uns eine einfache Käseschnitte oder ein Fondue. Daneben haben wir aber auch ein Gourmetmenü. Denn die Leute aus dem Tal kommen nicht unbedingt wegen einer Käseschnitte zu uns, da braucht es schon etwas Spezielles. Ich versuche, einen guten Mix anzubieten, das hat sich bis jetzt nicht schlecht bewährt.