19.03.2019 Salz & Pfeffer 2/2019

Tummelplatz für Tüftler

Text: Tobias Hüberli – Foto: Njazi Nivokazi
Es gibt viele Laborgeräte, die als Küchenmaschine zweckentfremdet für Furore sorgen. Der Ocoo gehört nicht dazu. Er ist nur ein Reiskocher – halb Mikrowelle, halb Dampfkochtopf – der biochemische Prozesse enorm beschleunigt.
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Einen Schönheitspreis gewinnt der koreanische Reiskocher Ocoo sehr wahrscheinlich nicht. Muss er aber auch nicht, schliesslich kommt es auf die inneren Werte an. Und da hat das einst für den Privathaushalt konzipierte Gerät einiges zu bieten. So viel, dass es von experimentierfreudigen Köchen in Fernost entdeckt und letztes Jahr an der Madrid Fusión einem grösseren Publikum vorgestellt wurde.

Im Prinzip ist der Ocoo ein mit Mikrowellen-Technik ausgestatteter Dampfkochtopf, Experten reden von einem Doppel-Druck-Garsystem. Sein Herz besteht aus einem mit Germaniumpartikeln versetzten, verschliessbaren Porzellangefäss, darüber stülpt man eine Kuppel aus Edelstahl. Beide Gefässe stehen beim Kochprozess unter Druck, zudem erhitzt sich das Germanium im Porzellan durch die Mikrowellen. Mit dem Ocoo, so dachten sich seine Erfinder, lassen sich Babynahrung, Porridges, Suppen sowie Schmorfleisch rasch, schonend und per Knopfdruck herstellen. Sie hatten recht.

Für die europäischen Spitzenköche interessant ist der Ocoo hingegen wegen seiner Fähigkeit, Zellstrukturen von Lebensmitteln aufzubrechen und deren Zucker- und Schwefelverbindungen zu verändern. Oder auf gut Deutsch: Mit dem Ocoo kann man auch intensive Essenzen herstellen sowie Gemüse und Früchte aller Art fermentieren. Grundsätzlich handelt es sich bei diesem Kochprozess um die Maillard-Reaktion. Dank des erhöhten Drucks beschleunigen sich im Ocoo biochemische Vorgänge wie die Milchsäuregärung oder die Oxidation jedoch um ein Vielfaches.

«Die konventionelle Produktion von schwarzem Knoblauch dauert etwa sechs Wochen», sagt Küchentechnik-Experte René Widmer von der Prorest AG. Der Ocoo schaffe das gleiche Resultat innert 14 Stunden. Insbesondere die Funktionen Aging und Essence eröffnen dem Koch ein weites Feld an Experimentiermöglichkeiten. Schwarzer Stangensellerie, wie ihn der katalanische Spitzenkoch Oriol Castro einst präsentierte, ist dabei nur der Anfang. «Mit dem Ocoo kann man unglaublich spannende Essenzen herstellen, etwa von der Zwiebel», so Widmer.

Zurzeit steht der zweckentfremdete Reiskocher noch in wenigen helvetischen Profiküchen. «Es braucht Kreativität und einen gewissen Pioniergeist, um das Potenzial des Geräts auszuloten», so Widmer. Zudem seien Englischkenntnisse von Vorteil. Denn der Ocoo hat zwar ein Sprachprogramm, allerdings nur auf Englisch und Koreanisch. Kaum hinderlich ist hingegen der Preis. Mit ungefähr 600 Franken ist ein Exemplar vergleichsweise günstig zu haben.

Der Ocoo wird von der Firma Prorest AG in die Schweiz importiert.
www.prorest.ch