«Ich bin überzeugt, dass die Sache in ein paar Jahren funktionieren wird.»
Nach sieben Jahren hängen Sie das Projekt «Bündner Edelhahn» an den Nagel. Warum?
Freddy Christandl: Weil ich meiner Vernunft Raum geben musste, der Einsicht, dass dieses Projekt finanziell nicht aufgeht. Leider ist es derzeit wirtschaftlich nicht tragbar, Poulet nach diesen hohen Standards zu produzieren.
Wieso nicht?
Der Edelhahn kostet pro Kilogramm fast 65 Franken, also fünfmal so viel wie Fleisch aus konventioneller Mast. Von allen tierischen Produkten sind Poulet und Eier wohl die, bei denen die Herdengrösse den stärksten Einfluss auf den Preis hat. Unsere Bauern hielten maximal 80 Hennen und Hühner, wogegen heute selbst Demeter-Bauern 2000 Tiere haben dürfen. Zudem verwerten alte Landrassen Futter anders als hochgezüchtete Masttiere. Sie erreichen ihr Schlachtgewicht erst mit sechs Monaten statt mit fünf bis sechs Wochen, was in unserem Fall auch damit zusammenhängt, dass sich die Tiere viel im Freien bewegen. Nicht nur ihre Lebensdauer, auch die Futterkosten erhöhen sich damit aufs Sechsfache. Dann die Schlachtung: Üblicherweise werden die Tiere kopfüber an ein Förderband gehängt, maschinell geköpft und dann in einer Art Tumbler gerupft. Wir machten alles von Hand und ohne Wasser. So schlachtet man in einer Stunde höchstens zehn Tiere statt ein paar Hundert. Das alles hat seinen Preis, und es gibt zu wenige regelmässige Abnehmer, die ihn zu zahlen bereit sind.
In der Spitzengastronomie hatten Sie mit Andreas Caminada, Raphael Tuor oder Jan Gassen ein paar treue. Wie haben die Köche auf das Aus reagiert?
Viele sind traurig darüber, einige berichteten mir, Gäste hätten bereits zum neuen Schlachttermin im Winter reserviert. Aber wir liessen wirklich nichts unversucht, um die Preise etwas zu reduzieren. Zum Beispiel machten wir mit Bresse-Hähnen einen Versuch, die Preise etwas zu drücken. Diese Rasse, deren Fleisch in der Spitzengastronomie beliebt ist, wächst schneller, Schenkel und Brust sind optimal proportioniert. Aber was Geschmack und Konsistenz betrifft, kann sie schlichtweg nicht mithalten mit den alten Landrassen – darin waren sich alle beteiligten Köche einig. Auch, wenn wir das Projekt nun auf Eis legen, bin ich überzeugt, dass die Sache in ein paar Jahren funktionieren wird. Das Know-how dafür haben wir uns schon mal erarbeitet.