18.08.2017

«Viel Potenzial liegt brach»

Text: Virginia Nolan – Fotos: z. V. g.
Ohne IT-Kenntnisse zum Social-Media-Profi: Das Start-up re:spondelligent hat eine Software entwickelt, die Gastronomen dabei helfen soll, Online-Kommentare in bares Geld umzumünzen. Gründer Alexander Zaugg erklärt, wie es funktioniert.
«Digitalisierung bedeutet, dass Gäste Bewertungsseiten checken, bevor sie einen Tisch buchen.»
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 «Auf Bewertungsportalen habe ich als Gastgeber das letzte Wort.»

Ihre neue Software soll Restaurantbetrieben zu mehr Gästen verhelfen. Wie funktioniert das?
Alexander Zaugg: Wir nutzen, was vorhanden ist: die Onlinebewertungen von Restaurants auf Portalen wie Facebook, Tripadvisor oder Google. Allzu oft haben Betriebe keinerlei Übersicht über diese Reviews, oder sie reagieren kaum darauf. Damit verschenken sie sich Wachstumschancen. So viel Potenzial liegt brach. Gastronomen haben keine Wahl, ob sie bei der Digitalisierung mitmachen wollen oder nicht, denn Digitalisierung bedeutet, dass Gäste Bewertungsseiten checken, bevor sie einen Tisch buchen. Für Gastgeber stellt das eine Herausforderung, aber auch eine grosse Chance dar: Gute Online-Bewertungen wirken mehr als jede Werbemassnahme.

Die lassen sich aber kaum aus dem Ärmel schütteln.
Natürlich nicht. Als wir Anfang Jahr unseren Service lancierten, musste ich einige Missverständnisse ausräumen: Manche Gastronomen dachten, unser Kerngeschäft bestehe darin, ihr Online-Image mit gekauften Bewertungen zu frisieren. Das ist selbstverständlich nicht der Fall.

Wie läuft es stattdessen?
Die Stärke unserer Software besteht darin, dass sie Gästebewertungen zentral aufbereitet und analysiert. Gastronomen sehen auf einen Blick, was über sie geschrieben wird, egal, auf welcher Plattform der Kommentar eingeht. Wer sich einen Überblick verschaffen will, braucht nur ein einziges Login, statt, wie auf herkömmliche Art und Weise, alle möglichen Bewertungsportale zu durchkämmen. Durch das Tool sparen Betriebe nicht nur Zeit, sie haben auch die Möglichkeit, auf Trends zu reagieren – und natürlich auf die Rückmeldungen der Gäste. Heute spielt es keine Rolle, ob Sie ein Feedback on- oder offline erhalten; sich nicht darum zu kümmern, ist in beiden Fällen gleich verheerend.

An diesem Punkt kommt Ihre zweite Dienstleistung ins Spiel: Sie übernehmen für den Betrieb das Schreiben der Antworten.
Sofern dieser das wünscht. Als Gastgeber drücke ich meine Wertschätzung gegenüber dem Gast aus, indem ich auf dessen Kommentar reagiere. Mit meiner Antwort kann ich, sofern ich sie richtig formuliere, auch mein Ranking bei Google verbessern. Je höher meine Position auf der Liste der Suchmaschine, desto schneller werde ich gefunden – eine zentrale Voraussetzung für alle, die ihr Geschäft ankurbeln wollen.

Welche Rolle spielt dabei die Antwort des Gastronomen?
Angenommen, ich gebe «Sushi» auf Google ein. Welche Resultate die Suchmaschine anzeigt, hängt am stärksten von meinem aktuellen Standort ab. Ein fast ebenso gewichtiger Faktor sind jedoch die Online-Reviews beziehungsweise darin enthaltene Keywords. Indem ein Gastgeber auf jede Bewertung reagiert, hat er die Möglichkeit, seine Reviews mit den relevanten Schlagworten zu versehen und deren Häufigkeit zu steigern. Google belohnt das mit einem besseren Ranking. In meine Antwort lasse ich also, wo immer möglich, Keywords einfliessen, mit denen ich in Verbindung gebracht werden will, seien es Spezialitäten, Zielgruppen, die zentrale Lage oder Gratisparkplätze.

Mischt mit seiner Software den Gastro-Markt auf: Alexander Zaugg, Gründer von re:spondelligent.
Mischt mit seiner Software den Gastro-Markt auf: Alexander Zaugg, Gründer von re:spondelligent.


Was ist, wenn jemand einfach schreibt, er habe gut gegessen? Dann haben solche Schlagworte in der Antwort überhaupt keinen Bezug zum Kommentar.
Auf Bewertungsportalen habe ich als Gastgeber das letzte Wort, diesen Vorteil muss ich mir unbedingt zunutze machen. Wichtig ist, dass die Antwort nicht plump daherkommt. So kann ich mich im geschilderten Fall beim Gast für das Kompliment bedanken und vielleicht noch anfügen, dass wir ihn gerne auch tagsüber begrüssen würden, etwa zu unseren Mittagsmenüs für 20 Franken. Es geht darum, immer mal wieder ein aktuelles Thema einzustreuen. In der Grusszeile zum Schluss füge ich jeweils den Betriebsnamen und vielleicht noch einen Zusatz an – «Ihr Spezialist für…». So bringe ich die wichtigsten Keywords unter.

Wie reagiere ich adäquat auf Online-Kritik?
Studien zeigen, dass 90 Prozent der kritischen Kommentare auf Bewertungsportalen subjektive Einschätzungen betreffen: Es war zu teuer, zu kalt, zu salzig, solcherlei. Die Kritik geht also meist auf die Tatsache zurück, dass Geschmäcker verschieden sind. Das muss ich als Gastgeber akzeptieren. Ich lassen den Gast wissen, dass ich seine Kritik zur Kenntnis nehme und bedanke mich für die Rückmeldung. Dabei verzichte ich auf einschlägige Keywords, sie sollen ja mit positiven Einträgen verknüpft werden. Insgesamt zeigen Zahlen, dass das gefürchtete Online-Bashing auf Bewertungsseiten selten vorkommt. Wir kennen die AGB der einschlägigen Portale sehr gut – wenn sogenannte Hass-Kommentare auftauchen, sind wir unseren Kunden auch dabei behilflich, sie zum Verschwinden zu bringen.

Welche Portale deckt Ihr Service ab?
Sämtliche, die der Kunde im Überblick haben will. Für die Schweiz sind vor allem Tripadvisor, Google und Facebook relevant. Weitere können auf Wunsch dazukommen. Wir empfehlen Kunden aber, sich auf die relevanten Seiten zu konzentrieren, weil sie dort die grösste Wirkung erzielen. Sonst verzettelt man sich. Für Nischenplayer wie vegane Restaurants lohnt es sich dagegen, auch auf kleinen, aber für ihre Szene relevanten Portalen präsent zu sein.

Was kostet Ihre Software?
Die Basisversion kostet 39 Franken im Monat und bietet vollumfänglichen Zugang zur Software samt Analysetools. Diese geben Rückschluss auf den Geschäftsgang und helfen, die ausschlaggebenden Faktoren dahinter zu ermitteln. Das Durchschnittsrestaurant erreichen etwa 15 Online-Kommentare pro Monat. Wenn wir das Antworten übernehmen, kostet unser Service inklusive Software 80 bis 100 Franken monatlich. In jedem Fall ist es aber Aufgabe des Gastgebers, die Antworten freizuschalten.

www.respondelligent.com