Es gab eine Zeit, da konnte man Weissfische nur als Pinguinfutter an den Zoo verklickern. Alle Welt lechzte ausschliesslich nach den Filets von Felchen, Egli oder Zander. Schwalen, Rötel, Brachsmen und Co. dagegen galten als Beifang. Weder der Fischer noch seine Kunden mochten sie besonders, ausgenommen vielleicht jene fischenden Buben mit Uferanstoss, deren Glück darin bestand, irgendeinen Fisch selbst aus dem See gezogen zu haben.
Henä Buri aus Mooseedorf war so einer.Heute ist der gelernte Koch selbst Berufsfischer und Vater von drei Teenagern. Der kantige Händler lässt seit kurzem Weissfische auf Bauernhöfen im Bernbiet in Kreislaufkulturen mästen. Die Knusperli und Rollmöpse, die er daraus produziert, sind begehrt. Die jungen wilden Köche hätten gerne mehr davon, sagt Buri: «Wir führen eine Warteliste und können nicht jeden Betrieb beliefern.» Wie sich doch die Zeiten ändern. Der umtriebige Moosseefischer, der sich selbst als «Wildsau» bezeichnet, redete als Bub berndeutsch von «Schissideckle», wenn er einen Weissfisch an der Angel hatte. Angebissen haben sie ja immer. Man konnte statt dem Wurm sogar Brot verwenden. Im Unterschied zu den Räubern der Seen wie Forelle oder Hecht zählen die Weissfische zu den omnivoren Friedfischen: Sie sind hauptsächlich Vegetarier und in fast allen Gewässern der Schweiz verbreitet.
Die ruhigen Zeiten sind indes vorbei, die Gattung der Karpfenähnlichen wird gerade neu als Brotfisch entdeckt. Der Fischernetzwerker Arne van Grondel zum Beispiel ist auf der Weissfisch-Spur. Er betreibt vor allem Import von nachhaltigen Meerfischen. Nur rund fünf Prozent der Fische, die in der Schweiz verzehrt werden, schwammen in einheimischen Gewässern. Doch die Schwalen in unseren Seen hätten Potenzial, sagt van Grondel: «Das ist die Chance der heimischen Fischereien!» Van Grondel erlebte als Comestibles-Händler in Interlaken auch jene Zeiten, als täglich Tonnen von Felchen aus dem Thunersee gezogen wurden. Damals habe sich das Befischen der Schwalen nicht gelohnt, sagt er: «Schwalen brauchen andere Netze. Sie sind für die Fischer aufwendiger.» So müsse man Weissfische etwa im Winter fischen, wenn das Wasser kalt ist und die Fische magerer sind. Die Schweizer Seen sind heute zudem so sauber, dass die Fische nicht mehr so gross werden wie einst. Die bessere Wasserqualität habe dafür der Artenvielfalt gut getan, so van Grondel, der «Schwalen-Knusperli» als einheimische Winterspezialität promotet.
Auch die Verarbeitungstechnik macht Fortschritte. Die einst gefürchteten Y-Steckgräte der Schwalen werden schon beim Fischer in der Zisliermaschine so verarbeitet, dass im Knusperli keine Grätenmehr zu spüren sind. Van Grondel arbeitet mit Bernhard Zahner aus Gommiswald zusammen. Die Weissfische für seine Knusperli stammen aus dem Bodensee, den Vertrieb übernimmt Arnes Firma Marinex. Das Spezielle aber mache der Teig aus, sagt van Grondel: «Das Rad können wir nicht neu erfinden, aber die Bereifung schon.» Im Backteig geknuspert, kann der Wirt das Fischknusperli sogar mit lokalen Zutaten weiterveredeln. Zahner backt bei Bedarf auch einen Bierteig mit dem Bier vom Dorf – ein besonderer Take-Away-Happen.