Die Knospen sind eine unerschwingliche Delikatesse, weil sie weder angebaut werden noch in grosser Menge verfügbar sind.
Die jungen, zarten und lindgrünen Blütenknospen der Teufelskrallen schmecken, kurz in heisser Butter geschwenkt, göttlich: Ihre Stängel platzen schon beim zarten Biss leicht und erinnern geschmacklich zugleich an grüne Erbsen und knackige Spargelspitzen. Doch die Knospen sind eine unerschwingliche Delikatesse, weil sie weder angebaut werden noch in grosser Menge verfügbar sind. Da ist es mit bekannteren Wildpflanzen wie Brennnesseln einfacher, deren Spitzen im Piemont etwa regelmässig in Form einer Tortina di punte d’ortica auf den Tisch kommen – also als Brennnesselomelette. Diese lässt sich übrigens auch mit Taubnesseln, Gutem Heinrich und unzähligen anderen Wildkräutern zubereiten.
Noch im 19. Jahrhundert gediehen Brennnesseln und Teufelskrallen genau wie auch die essbaren Glockenblumen in den heimischen Gärten. Wenige Jahrzehnte später verschwanden sie aus diesen allerdings wieder, so wie auch über Jahrhunderte angebaute Traditionsgemüse, die wir heute nur noch aus der freien Natur kennen: Winterkresse etwa, Fuchsschwanz, Weisse oder Rote Melde. Unsere Vorfahren sammelten aber auch Hirtentäschel, Sauerampfern und Wiesenbocksbart.
Längst hat die Wiederentdeckung dieser geschmacklich spannenden Vielfalt aus Feld und Wald begonnen. Bücher wie «Essbare Wildpflanzen» von Steffen Guido Fleischhauer gehören bei den Sachbüchern seit Jahren zu den Bestsellern, und die Tessinerin Meret Bissegger zählt über die Schweiz hinaus mit ihren Werken zum gleichen Thema zu den erfolgreichsten Kochbuchautorinnen. Nebst dem fast inflationär verarbeiteten Bärlauch haben die Holderblüten den Getränkemarkt erobert, Gemüsegärtner bieten gebleichten Löwenzahn an und auf den Märkten kann man mittlerweile gezupfte Brennnesselblätter kaufen oder aber sündhaft teure Portiönchen von Wildsalat-Mischungen.