«Im direkten Kontakt vor Ort fanden wir unkompliziert und schnell eine Lösung.»
Sie reisten im September mit einer kleinen Delegation von Köchen auf die Färöer. Warum ausgerechnet da hin?
Tobias Funke: Der Vorschlag stammte von Frank Bössneck von der Hugo Dubno AG. Er wollte ein paar Schweizer Köchen – also Stefan Heilemann, Rolf Fliegauf, William Weiss und mir – zeigen, wie die Fischerei auf den Färöern funktioniert.
Und Sie besuchen ja eh gern Produzenten.
Es gehört zu meiner Philosophie, mich mit dem Handwerk meiner Produzenten zu beschäftigen, ja. Ich versuche, immer mal wieder beim einen oder anderen mitzuarbeiten, und will wissen, welcher Aufwand hinter den Lebensmitteln steckt, die ich verwende. So stand ich schon bei Willi Schmid in der Käserei, half im Tropenhaus Frutigen mit, sah beim Metzger, beim Gemüsebauern oder beim Fischhändler hinter die Kulissen. Was ich dabei erlebe, verwende ich auch für das Booklet, das die Gäste in unserem Gourmetrestaurant Incantare zum Start des Menüs erhalten. Es enthält Geschichten über unsere Produzenten und Zutaten, dazu kommen im Verlauf des Essens Kärtchen, welche die einzelnen Gerichte erläutern. Die Reise auf die Färöer fliesst sicher auch ins Booklet ein.
Was imponierte Ihnen besonders?
Ich sah und lernte in den zweieinhalb Tagen auf den Färöern extrem viel. Wir waren ständig draussen und assen fast ausschliesslich Meerestiere, plus ein bisschen Papageientaucher und Möwe. Am meisten beeindruckten mich neben der Landschaft die Menschen. Sie sind echte Wikinger und leben in einem Klima, in dem sich ausser Kartoffeln, Rüben und Rhabarber kaum etwas anbauen lässt. Dazu haben sie Schafe – und eben alles aus dem Wasser.
Fisch und Krustentiere standen auf Ihrer Reise im Fokus. Was fiel Ihnen da auf?
Einmal besuchten wir eine Fischfabrik. Wir betraten ein Büro, in dem eine Induktionsplatte, eine Pfanne sowie Seeteufel, Kabeljau und ein paar wenige Zutaten bereitstanden, mit denen wir etwas kochen sollten. Die anderen stürzten sich auf den Seeteufel. Super für mich: Kabeljau ist mein Liebling. Ich nahm den Fisch, ein bisschen Butter zum Arosieren, briet ihn ganz langsam, gab ein wenig Zitrone hinzu – und ich glaube, wir alle hatten noch nie einen so guten Kabeljau gegessen. Diese Konsistenz! Da fragten wir uns schon, wie es sein kann, dass wir in der Schweiz nie diese Qualität erhalten.
Nicht?
Nein, und das trieb mich schon lange um. Ich bekam in der Schweiz stets guten Fisch und für meine Gäste war immer alles in Ordnung, aber es gab dennoch einen Unterschied zur Qualität vor Ort. Auf den Färöern erfuhr ich, woran das liegt.
Woran denn?
Nach dem Kochen in der Fabrik wechselten wir ins nächste Büro, in dem man uns auf einer grossen Livekarte zeigte, wo all die Boote draussen gerade sind. Die befinden sich zum Teil vier Tage auf dem Meer. Bis der Fisch per Schiff über Antwerpen dann bei uns ankommt, vergeht eine gewisse Zeit.
Und jetzt?
Bei unserer Ankunft auf dem winzigen Flughafen auf den Färöern hatten wir auf dem Rollfeld unter anderem einen Wagen gesehen, auf dem Kisten mit Fisch lagen. Und wir wussten, dass täglich vier Flüge nach Kopenhagen starten. Warum also, fragten wir, können wir den Fisch nicht per Flugfracht haben? Wir brauchen mengenmässig nicht wahnsinnig viel, und für uns spielt es auch keine Rolle, auf welchem der vier eh geplanten Flüge unsere Kisten Platz finden. Wir würden also keinen Extraflug nach Kopenhagen verursachen, sondern lediglich die Auslastung des Fliegers steigern. Und so ist es inzwischen: Hugo Dubno beliefert uns einmal wöchentlich mit Ware von den Färöern.
Das läuft bereits?
Ja, im direkten Kontakt vor Ort fanden wir unkompliziert und schnell eine Lösung. Aktuell habe ich auf der Karte ein Gericht mit Wildfang-Kabeljau und Seeigeln von den Färöern, kombiniert mit Süsskartoffel und Tomatillo.