«Wir sind keine geschützte Werkstatt.»
1999 eröffnete die Blinde Kuh als erstes Dunkelrestaurant ihre Türen. Wie haben Sie diese Zeit in Erinnerung?
Adrian Schaffner: Die Resonanz war gewaltig. Wir hatten einen Riesenansturm und waren auf Monate hinaus ausgebucht. Die Blinde Kuh war die erste Institution ihrer Art, ich würde sagen, weltweit. Die Presse ging ein und aus, vom Schweizer über das australische Fernsehen bis zum Wallstreet Journal, in dem wir auf der Titelseite landeten. Das Ganze war wie ein Sechser im Lotto – und weit entfernt von dem, was die vier Gründer ursprünglich vorgehabt hatten.
Inwiefern?
Angefangen hatte alles mit dem «Dialog im Dunkeln», einer Ausstellung, die damals im Zürcher Museum für Gestaltung gastierte. Zum Konzept gehörte eine Bar im Dunkeln, wo Blinde und Sehbehinderte arbeiteten. Dort lernten sich die vier Gründungsmitglieder der Blinden Kuh kennen und hatten später die Idee, in Zürich ein ähnliches Projekt auf die Beine zu stellen. Ihnen schwebte eine Bar mit Kulturprogramm vor. Die Nachfrage war da, aber vor allem zum Essen. So hat sich aus der ursprünglichen Idee ein Restaurant entwickelt. Heute sind wir schweizweit einer der grössten Arbeitgeber für blinde und sehbehinderte Menschen – und wohlgemerkt keine geschützte Werkstatt. Wir stehen auf eigenen Beinen und zahlen Marktlöhne. Und wir sind mehrfach kopiert worden: Mittlerweile gibt es Dunkelrestaurants in Paris, London, New York, Berlin, Bangkok oder Hamburg. In den meisten arbeiten ebenfalls Blinde und Sehbehinderte.
Seit dem fulminanten Start sind 20 Jahre vergangen. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung?
Fast zehn Jahre lang waren wir jeden Abend ausgebucht. Diesen Ruf haben wir behalten, viele Gäste haben noch immer das Gefühl, sie müssten Wochen im Voraus reservieren. Das ist nicht mehr nötig. Mittlerweile sind wir, um es so zu sagen, im Alltag angekommen, wir müssen uns Mühe geben wie jeder andere Gastgeber auch. Aber wir sind zufrieden.