«Es funktioniert nur mit einer guten Geschichte.»
Böse Zungen behaupten, der Valentinstag sei eine Erfindung geschäftstüchtiger Floristen, ein reiner Marketinggag, um die Kassen klingeln zu lassen. Den Verliebten, die den Tag feiern wollen, ist das vermutlich herzlich egal: Die Popularität des Valentinstags scheint eher zu- als abzunehmen. Anders lässt es sich nicht erklären, dass die Branchenriesen unter den Detailhändlern den Termin Jahr für Jahr mehr ausschlachten. Lohnt es sich für Gastronomen, mitzuziehen?
«Natürlich», sagt Janik Staub, Leiter Restaurant im Hotel Banana City in Winterthur. «Alles andere wäre eine verpasste Chance.» Das Vier-Sterne-Hotel hat vor fünf Jahren damit angefangen, den Valentinstag mit Spezialangeboten zu bewerben. Dazu gehören zum Beispiel die romantisch dekorierte Valentins-Suite, oder, wenn der Tag auf den richtigen Termin fällt, entsprechende Wochenend-Pakete für Verliebte. Die Hauptattraktion ist jedoch das jährliche Valentinstags-Dinner im hoteleigenen Restaurant Banane. «Wir schreiben das Menü bereits im Sommer», sagt Staub, «und kündigen den Event ein halbes Jahr vorher im Internet an – zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz so prominent, natürlich. Sobald Weihnachts- und Neujahrsfeier vorbei sind, rückt das Dinner an erste Stelle. Dann pushen wir es nicht nur online, sondern auch mit Flyern.» Seit Lancierung des Valentins-Dinners im Jahr 2014 nehme die Zahl der Reservationen zu, nicht explosiv, aber stetig. «Aktuell sind wir bei 50 bis 60 Personen, also 20 bis 30 gebuchten Tischen», sagt Staub, «und 40 Prozent der Gäste übernachten im Anschluss in einer Valentins-Suite.» Das Umsatzplus beziffert Staub im Vergleich zu einem regulären Wochenabend auf rund 40 Prozent: «Und da gibt es bestimmt noch Luft nach oben. Das geschäftliche Potenzial des Valentinstags ist gross.»
Wie können Gastronomen es ausschöpfen? «Das funktioniert nur mit einer guten Geschichte», glaubt Christian Krahnstöver, Geschäftsführer im L’Amant. Die Brasserie gehört zum Vier-Sterne-Hotel Four Points by Sheraton in Zürich. Hier verschreibt man sich nicht nur an Valentinstag, sondern das ganze Jahr über der Liebe. So leitet sich der Name der Brasserie von Marguerite Duras’ «L’Amant» ab. Die autobiografische Erzählung, deren Handlung sich im ehemaligen Indochina abspielt, heisst auf Deutsch «Der Liebhaber» und ging als grosser Liebesroman in die Geschichte ein. Der Buchvorlage nachempfunden ist auch das Konzept der Brasserie, die mit ihrer Innenarchitektur und einer franko-asiatischen Fusion-Küche an den Glanz des alten Indochina erinnert und sich als «Ort der Verführung» versteht. Den Valentinstag feierlich zu begehen, biete sich fürs L’Amant geradezu an, in dem sich das Liebesthema wie ein roter Faden durchs Betriebskonzept ziehe, sagt Restaurantleiter Krahnstöver. «Wir schütteln zum Valentinstag nicht etwas völlig Neues aus dem Ärmel», sagt er, «sondern knüpfen an ein Thema an, das uns das ganze Jahr über begleitet. Das macht es uns am Valentinstag etwas einfacher.» Für Krahnstöver gibt es nicht nur beim Geschäftspotenzial des Valentinstags, sondern auch bei dessen gastronomischer Umsetzung noch Luft nach oben: «Mit Rosen, Kerzenlicht und Herzchen-Deko gewinnt man keinen Blumentopf. Das Gästeerlebnis muss durchdacht sein. Sonst lässt mans lieber bleiben.»