«Das Protein sollte die Beilage sein, nicht das Gemüse.»
Die Frage mag banal wirken, ist aber wichtig: Warum wurden Sie Koch?
Pascal Steffen: Weil mich die Kreativität und die Vielfalt des Berufs schon von Anfang an faszinierten. Kochen ist ein Handwerk; wenn man es beherrscht, hat man alle Freiheiten.
Das gilt zumindest für die Spitzengastronomie.
Auch ein Koch in einem Landgasthof kann sich ausleben, wenn er nur den Mut dazu hat. Und selbst in der Gemeinschaftsgastronomie, in der es von der Umsetzung her etwas schwieriger sein mag, kann ein Koch innovativ arbeiten und – zum Beispiel – ein Rüebli als Ganzes servieren, statt es wie alle anderen zu schneiden.
Sie absolvierten die Lehre in einer gutbürgerlichen Küche – und halten das für einen wichtigen Schritt auf dem Weg in die gehobene Gastronomie. Wieso?
Ich bezweifle, dass es sinnvoll ist, Lehrlinge in der Spitzenküche auszubilden – vielmehr lohnt es sich, etwas kleiner anzufangen. Wissen Sie: Von den 22 Leuten, die mit mir in die Lehre starteten, arbeiten heute noch zwei auf dem Beruf. Einer davon bin ich. Der Job ist hart. Und auch, wenn es sicher junge Menschen gibt, die man von heute auf morgen in die Spitzengastronomie stecken kann und die das packen, ist es für viele eine Überforderung. Sie kommen aus dem geschützten Schulmodus, mit klar definierten Strukturen, ihren Freunden und Hobbys. Und dann stehen sie plötzlich von null auf 100 – respektive 200 – im Betrieb, von morgens bis abends, alles andere entfällt, das Wochenende sowieso. Mit 15 oder 16 ist es schwer, abzuwägen, wo die eigenen Prioritäten liegen.
Als Souschef von Nenad Mlinarevic genossen Sie es, keinen Posten zu verantworten.
Natürlich arbeitete ich auch mal auf einem Posten, als Vertretung oder zur Unterstützung, aber generell war ich als Souschef davon befreit und konnte diverse Projekte verfolgen. Wir waren ein grosses Team – und alles Topköche: Das verschaffte mir Raum zum Spielen, zum Experimentieren. Ich besuchte Produzenten, entwickelte Rezepturen.
Woran arbeiteten Sie konkret?
Ich beschäftigte mich zum Beispiel intensiv mit dem Thema Fermentation und konnte mir die Zeit nehmen, jeden Tag etwa den pH-Wert zu messen und alles zu dokumentieren, um wirklich zu verstehen, was hinter den Prozessen steckt. Ich lernte, was möglich ist.
Worin äussert sich diese Erfahrung heute?
Zum Beispiel darin, wie ich hier im Roots mit dem Spargel umgehe. Ich setze damit nicht nur einen Fond an, sondern stelle aus der Schale auch eine Art Wein her. Dabei handelt es sich um die Vorstufe eines Essigs, die ich später für meine Vinaigrette verwende – ich beziehe die Säure also aus dem Spargel selbst ... und habe am Ende den vollen Geschmack des Gemüses.
Gemüse ist ein wichtiger Bestandteil Ihrer Küche.
Das stimmt. Ich halte das für den richtigen Ansatz: Das Protein sollte die Beilage sein, nicht das Gemüse.
Und wie halten Sie es mit Stärkekomponenten? Vorbilder aus der neuen nordischen Küche verzichten darauf ja ganz gern.
Bei mir gibt es sie – à part. Ich backe ein eigenes Brot und serviere seit jeher ein Buchweizenrisotto, das in Schalen zum Teilen auf den Tisch kommt. Das ist vom Handling her simpel, enthält keine Gluten und kann laktosefrei gehalten werden. Es passt zu allen Gerichten und ist etwas nicht Alltägliches.
Sie sagen, Sie seien «zu jung, um mit dem Strom zu schwimmen». Was meinen Sie damit?
Mit der Küche, die wir hier verfolgen – gerade auch mit dem Fokus auf Gemüse –, sind wir anders unterwegs als die meisten in der Schweiz. In Basel sowieso. Wir arbeiten sehr puristisch, was man zum Beispiel am Zerlegt sieht (siehe Fotogalerie, Anmerkung der Redaktion). Wenn ich Topprodukte habe, muss ich damit nicht viel anstellen. Ich habe einfach Freude dran und behandle das Lebensmittel mit Respekt, indem ich es sorgfältig verarbeite.