13.12.2018

Zurückgeben statt wegwerfen

Text: Virginia Nolan – Fotos: z. V. g.
Recircle ist der Schweizer Pionier für Mehrweggeschirr in der Take-away-Gastronomie. Jetzt sucht das Berner Start-up Testbetriebe für einen wiederverwendbaren Kaffeebecher.
Der Coffee to go soll nachhaltiger werden – dank einem Mehrwegbecher aus widerstandsfähigem Kunststoff. Entwickelt hat ihn Cupforcup, ein Start-up aus Deutschland, das in über 25 Städten ein Pfandsystem für Kaffeebecher betreibt.
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«Die Tassen lassen sich 500 Mal waschen, ohne Gebrauchsspuren aufzuweisen. Das Potenzial für die Umwelt ist riesig

Rund 86 Millionen Tonnen Plastik treiben in unseren Weltmeeren. Laut EU-Kommission geht die Hälfte davon auf Einwegverpackungen zurück. Auch auf den Strassen macht sich der Plastikmüll bemerkbar. Dabei spielt die Verpflegung unterwegs laut Bundesamt für Umwelt eine Schlüsselrolle: Take-away-Schalen, Kaffeebecher, Sandwichfolien und dergleichen seien der Hauptgrund für Littering. Während die EU Einweg-Plastik in Zukunft weitgehend verbieten will, zieht die Schweiz vorerst nicht nach. Gastronomen müssen derzeit also nicht mit verschärften Vorschriften rechnen. Das ändert freilich nichts am Handlungsbedarf. Viele Betriebe haben ihn erkannt, Luft nach oben gibt es trotzdem.

Untersuchungen, wie sie etwa die Fachhochschule Nordwestschweiz angestellt hat, zeigen, dass Mehrweggeschirr die umweltfreundlichste Plastikalternative ist, gegen die Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen nicht ankommen. Schweizer Pionier für Mehrwegsysteme in der Gastronomie ist das Berner Start-up Recircle. Seit 2016 bietet es Kunden mit Take-away-Sortiment Menüschalen und Suppenbecher aus widerstandsfähigem Kunststoff an. «Heute nutzen schweizweit 600 Betriebe das Angebot und vermeiden so über fünf Millionen Wegwerfverpackungen pro Jahr», sagt Recircle-Gründerin Jeannette Morath.

Jetzt wendet sich Recircle einer weiteren Umweltsünde zu: dem von Pendlern geliebten Coffee to go. Mit einer Alternative zum Wegwerfbecher wollen die Berner den Kaffeegenuss unterwegs nachhaltiger machen. Vor kurzem startete in rund zehn Partnerbetrieben die Testphase für einen Kaffee-Mehrwegbecher aus Kunststoff. Entwickelt hat ihn Cupforcup, ein Jungunternehmen aus Deutschland, das seit 2017 in mehr als 25 deutschen Städten ein Pfandsystem für Kaffeebecher betreibt. «Das System und die Becher sind in über 200 Betrieben erprobt», sagt Morath, die nun auch Schweizer Gastronomen mit der wiederverwendbaren Kaffeetasse ausstattet und dafür noch Testpartner sucht. Das Testabo für ein Jahr kostet 250 Franken für Neu- und 125 Franken für Partnerbetriebe, inbegriffen sind 50 spülmaschinen- und kratzfeste Kaffeebecher im Wert von insgesamt 100 Franken als Leihgabe. «Der Probelauf in Deutschland zeigte, dass sich die Tassen rund 500 Mal waschen lassen, ohne Gebrauchsspuren aufzuweisen», sagt Morath. «Das Potenzial für die Umwelt ist also riesig. Ausserdem bestehen die Becher aus recycelbarem Kunststoff – haben sie ausgedient, geht das Material zurück in den Stoffkreislauf und lässt sich wiederverwerten.»

Schweizweit nutzen 600 Betriebe das wiederverwendbare Take-away-Geschirr von Recircle und vermeiden so über fünf Millionen Wegwerfverpackungen pro Jahr.
Schweizweit nutzen 600 Betriebe das wiederverwendbare Take-away-Geschirr von Recircle und vermeiden so über fünf Millionen Wegwerfverpackungen pro Jahr.

Die Idee von Recircle fusst auf dem Gemeinschaftsgedanken. Partnerbetriebe ermöglichen Gästen schweizweit ein unkompliziertes Rückgabesystem: Wer sein Mehrweggeschirr in einem Zürcher Take-away bezieht, kann es beispielsweise auch in Genf oder Bern wieder abgeben. Wie für die Menüboxen hinterlegen die Gäste auch für die wiederverwendbaren Kaffeebecher ein Depot, es beträgt zwei Franken und geht zurück an den Gast, sobald dieser den Becher in einem Recircle-Partnerbetrieb retour gibt.

Beim Mehrweggeschirr hat Morath mit ihrer Geschäftsidee ins Schwarze getroffen – immer mehr Betriebe fangen damit an, ob als Recircle-Kunde oder in eigener Sache. Sie sei nun gespannt, wie der Mehrweg-Kaffeebecher ankomme, sagt Morath. In Deutschland fasse das System zusehends Fuss. Was noch fehle, sei ein geeigneter Deckel für den Becher. Testläufe hätten gezeigt, dass Kunden den üblichen Deckel im Stil einer Schnabelform nicht akzeptierten, wenn zuvor schon andere daraus getrunken hätten. Ausserdem seien Flecken wie etwa Verfärbungen durch Lippenstift kaum zu reinigen. «An einer Deckellösung müssten wir noch arbeiten», sagt Morath. Ob Recircle den Mehrweg-Kaffeebecher in der Schweiz definitiv einführe, entscheide sich in sechs bis acht Monaten: «Wir warten jetzt erst einmal die Rückmeldungen unserer Testpartner ab und würden uns freuen, wenn sich noch weitere Betriebe am Testlauf beteiligen.»

Bechertester gesucht
Gastronomie- und Lebensmittelbetriebe, die Coffee to go anbieten und den Mehrweg-Kaffeebecher von Cupforcup ausprobieren möchten, können sich auf info@recircle.ch melden. Mehr Infos zu Recircle und seinem Mehrwegsystem für Gastronomen gibt es hier.