«Die Tassen lassen sich 500 Mal waschen, ohne Gebrauchsspuren aufzuweisen. Das Potenzial für die Umwelt ist riesig.»
Rund 86 Millionen Tonnen Plastik treiben in unseren Weltmeeren. Laut EU-Kommission geht die Hälfte davon auf Einwegverpackungen zurück. Auch auf den Strassen macht sich der Plastikmüll bemerkbar. Dabei spielt die Verpflegung unterwegs laut Bundesamt für Umwelt eine Schlüsselrolle: Take-away-Schalen, Kaffeebecher, Sandwichfolien und dergleichen seien der Hauptgrund für Littering. Während die EU Einweg-Plastik in Zukunft weitgehend verbieten will, zieht die Schweiz vorerst nicht nach. Gastronomen müssen derzeit also nicht mit verschärften Vorschriften rechnen. Das ändert freilich nichts am Handlungsbedarf. Viele Betriebe haben ihn erkannt, Luft nach oben gibt es trotzdem.
Untersuchungen, wie sie etwa die Fachhochschule Nordwestschweiz angestellt hat, zeigen, dass Mehrweggeschirr die umweltfreundlichste Plastikalternative ist, gegen die Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen nicht ankommen. Schweizer Pionier für Mehrwegsysteme in der Gastronomie ist das Berner Start-up Recircle. Seit 2016 bietet es Kunden mit Take-away-Sortiment Menüschalen und Suppenbecher aus widerstandsfähigem Kunststoff an. «Heute nutzen schweizweit 600 Betriebe das Angebot und vermeiden so über fünf Millionen Wegwerfverpackungen pro Jahr», sagt Recircle-Gründerin Jeannette Morath.
Jetzt wendet sich Recircle einer weiteren Umweltsünde zu: dem von Pendlern geliebten Coffee to go. Mit einer Alternative zum Wegwerfbecher wollen die Berner den Kaffeegenuss unterwegs nachhaltiger machen. Vor kurzem startete in rund zehn Partnerbetrieben die Testphase für einen Kaffee-Mehrwegbecher aus Kunststoff. Entwickelt hat ihn Cupforcup, ein Jungunternehmen aus Deutschland, das seit 2017 in mehr als 25 deutschen Städten ein Pfandsystem für Kaffeebecher betreibt. «Das System und die Becher sind in über 200 Betrieben erprobt», sagt Morath, die nun auch Schweizer Gastronomen mit der wiederverwendbaren Kaffeetasse ausstattet und dafür noch Testpartner sucht. Das Testabo für ein Jahr kostet 250 Franken für Neu- und 125 Franken für Partnerbetriebe, inbegriffen sind 50 spülmaschinen- und kratzfeste Kaffeebecher im Wert von insgesamt 100 Franken als Leihgabe. «Der Probelauf in Deutschland zeigte, dass sich die Tassen rund 500 Mal waschen lassen, ohne Gebrauchsspuren aufzuweisen», sagt Morath. «Das Potenzial für die Umwelt ist also riesig. Ausserdem bestehen die Becher aus recycelbarem Kunststoff – haben sie ausgedient, geht das Material zurück in den Stoffkreislauf und lässt sich wiederverwerten.»