Angezapft

Der Durst nach Wissen

Carole Groeflin

Als Präsidentin der Gesellschaft zur Förderung der Biervielfalt, kurz GFB, ist es meine Pflicht, bei Bierthemen à jour zu sein. Mein Wissen erarbeite ich mir mithilfe von Beiträgen off- und online. Kürzlich bin ich auf der Website der EBCU, der European Beer Consumer Union, hängengeblieben. Die Organisation wurde im Mai 1990 im belgischen Brügge von den nationalen Bierorganisationen aus dem Vereinigten Königreich, Belgien und den Niederlanden gegründet.

Das Ziel der «EU für Genussmenschen» ist es, den Bier zugetanen Personen auf europäischer Ebene eine Stimme zu geben. Seit 2019 sind auch die Schweizer Bierkonsumentinnen und -konsumenten dank der GFB in diesem Gremium vertreten. Ein aktuelles Projekt widmet sich der Etiketten-Transparenz. Über Brauweise, Brauort und Inhaltsstoffe soll auf den europäischen Biergebinden einheitlich informiert werden. Dafür wird in den Ländern lobbyiert. Ein ambitioniertes, nobles Vorhaben. Denn als Konsumentin will ich bereits vor dem Kauf wissen, wie, wo und womit dieses Lebensmittel produziert wurde.

Beim Stöbern stosse ich auf der EBCU-Website zudem auf einen Bierleitfaden. Ausführlich werden darin die diversen Bierstile in Europa vorgestellt. Autor ist der renommierte Bierexperte Tim Webb. Mit grossem Interesse klicke ich mich durch die Kapitel und lerne, dass in Finnland mit Sahti ein Bier aus Roggen gebraut wird, das kaum Kohlensäure enthält. Dafür Bananen-, Wacholder- und Nelkenaromen. Erster Reflex: Interessant! In Belgien gibt es, so vermutet man, derart viele verschiedene Brautraditionen, weil das Land zwischen dem 11. und 20. Jahrhundert mehr als 40 Mal invadiert wurde. So konnte sich kein kollektives Gefühl für den einen richtigen Weg etablieren.

Ich lese die Beschriebe der einzelnen Bierstile und spüre, wie mir das Wasser im Mund zusammenläuft. Ein französisches Bière brune soll wundervolle Röst-, Kaffee-, Schokoladen- und Lakritzaromen zeigen. Die bekannteste Marke sei Pelforth aus dem Elsass. Ich erinnere mich an die Flasche mit dem Pelikan-Logo. Wo ich wohl so ein Bier wieder mal herbekomme? In einem Webshop werde ich fündig. Spannend liest sich auch die Beschreibung eines italienischen Barley Wines namens Xiauyù der Brauerei Baladin. Er durchläuft drei Gärungszyklen und hat zum Schluss beinahe keine Kohlensäure. Dafür weist er den Charakter eines Likörweins auf. Meine Suche ergibt, dass es sich hierbei um eine unauffindbare Rarität handelt.

Vielleicht gibt es ja bald mal ein Gläschen davon im Restaurant für mich? Unser Gesandter für die EBCU erzählte mir bei der letzten Vorstandssitzung, dass in der Organisation derzeit wichtige Grundlagenpapiere erarbeitet werden. So etwa zum Thema, wie die Verantwortlichen von Gastronomiebetrieben für eine vielfältige Bierauswahl gewonnen werden können. Ich hoffe, mit diesem Text etwas Vorarbeit zu leisten.

Carole Gröflin

Präsidentin der Gesellschaft zur Förderung der Biervielfalt
Ausgabe: Salz & Pfeffer 1/2023 / Datum: 14.02.2023