Aufgebrüht

Glanz und Gloria

Illu Nadja Schwarz

Kaffee hat schon etliche Krisen überstanden. Seien es eigene wie der Kolonialismus, prekäre Wettergeschehnisse und drastische Pflanzenkrankheiten oder aber auch externe Ereignisse wie Weltkriege, Finanzkrisen und wirtschaftliche Instabilität. In all diesen Zeiten konnte man sich wenig um das Wesentliche im Kaffee kümmern, nämlich um seinen Geschmack. Seit einigen Jahren nun scheint ein anderes Licht auf den Rohkaffee: Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen neue Nachernteprozesse und darauf angewendete Methoden. Ein Hype, der nicht nur die Kaffee-Nerds auf den Plan ruft.

Kaffee ist eine junge Branche. Zwar ist der Muntermacher seit dem 19. Jahrhundert auch in der westlichen Welt weit verbreitet und nicht mehr vom Frühstückstisch wegzudenken, der Bereich ist aber weit weniger erforscht als beispielsweise die Weinproduktion. Entsprechend befinden wir uns in der Kaffeewelt am Anfang – und mitten in einer Flut von Entdeckungen.

Der Wein hat diesen Prozess schon länger hinter sich: Kaum mehr bezahlbare Bordeaux-Weine, horrende Preise für Topweingüter und die schier grenzenlose Bereitschaft einiger Käuferinnen und Käufer, jeden Betrag für einen Namen zu bezahlen, hatten in der Vergangenheit für viel Furore gesorgt. Das Aufstreben junger, innovativer und provokativer Winzer und Winzerinnen setzten die alten Strukturen und die versnobte Weinwelt jedoch Schachmatt. Inzwischen sind nicht nur die sogenannten Neuen Länder, sondern auch Naturweine akzeptiert.

Nun scheint der Trend des Grössenwahnsinns auf die Kaffeebranche überzuschwappen. Erst kürzlich wurde an der Best-of-Panama-Auktion eine Rekordsumme für einen trocken aufbereiteten Arabica der Varietät Gesha des Lamastus Family Estate bezahlt. Ein Konsortium aus Asien, angeführt von Tokios Saza Coffee, hat für ein Kilo ebendieses Kaffees fette 9100 Dollar hingeblättert. Zum Vergleich: Der aktuelle Börsenpreis, also der Preis, an dem sich der gesamte Handel orientiert, liegt mit einem schieren Allzeithoch bei knapp fünf Franken pro Kilogramm.

Von dem Hype fühlen sich auch die Promis angezogen. So haben in den letzten Monaten verschiedene Stars mit dem Kauf einer Farm oder der Gründung eines Kaffeelabels auf sich aufmerksam gemacht. Nebst Schuhen und Kleidern lassen sie nun also auch Kaffee produzieren. NBA-Star Jimmy Butler, Schauspielerin Sofía Vergara oder Nayib Bukele, der Präsident von El Salvador, um nur ein paar zu nennen, werben mit ihren ach so tollen Kaffee- Brands. Wie nachhaltig, fair und partnerschaftlich diese Beziehungen sind, das werden wir in Zukunft erfahren.

Nadja Schwarz

Kursleiterin Sensorik, Kaffeemacher GmbH
Ausgabe: Salz & Pfeffer 5/2024 / Datum: 10.10.2024