Denkmal auf festem Sockel
Alkohol ist nicht gesund. Darüber muss man nicht diskutieren. Und doch gibt es wenige Themen, welche die Gemüter mehr aufregen als das Thema trinken respektive nicht trinken. Möchten Sie das Tischgespräch auf ein neues Level bringen und die Stimmung am Tisch abkühlen? Das Thema Alkohol eignet sich dafür bestens.
Menschen, die aufhören zu rauchen, erhalten Lob von allen Seiten, und wenn sie das gesparte Geld in einen Wochenendtrip oder eine hochwertige Uhr investieren, wird ihnen gratuliert. Erzählen Sie aber in geselliger Runde, dass Sie nicht mehr trinken, mit dem gesparten Geld vier Wochen ins Südtirol fahren und es sich gut gehen lassen, wird sich das Lob in Grenzen halten. Nicht rauchen ist gesellschaftlich akzeptiert, nicht trinken eher nicht.
Wäre Alkohol ein Denkmal, stünde er auf einem unerschütterlichen Sockel. Fleisch und Zucker, Zigaretten und Drogen – all diese Denkmäler wackeln. An Alkohol traut sich niemand ran. Weil er eine gesellschaftlich akzeptierte Droge ist. Stichwort: Grauzonentrinken. Und dann kommen die WHO und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, holen Hammer und Meissel heraus und raten zum kompletten Alkoholverzicht – also grad zur Demontage des Denkmals. Es gebe keine gesundheitlich unbedenkliche Menge Alkohol. Mon dieu! Die trauen sich was.
Interessant sind die Reaktionen auf diese Verkündung. Sie ähneln den Kommentaren auf die Forderung, weniger zu fliegen, um das Klima zu retten: Man dürfe jetzt ja gar nichts mehr, und wo denn der Spass bleibe. Überhaupt sei eine Beschränkung des massvollen Alkoholkonsums ein Eingriff in die persönliche Freiheit, die in einer demokratischen Gesellschaft einen sehr hohen Stellenwert habe.
Und dann wäre da auch noch die Alkoholsteuer, die nicht zu verachtende Beträge in die Staatskassen spült. Kein Staat kann darauf verzichten, zumal die Alkoholsteuer nicht zweckgebunden ist. Immerhin: In der Schweiz wird ein Zehntel für die Prävention der Folgen von Alkoholabhängigkeit verwendet. Im Jahr 2021 waren das rund zehn Millionen Schweizer Franken. Bei 2,8 Milliarden Franken, mit denen die Folgen von Alkoholmiss- brauch das Gesundheitssystem belasten, ist das der berühmte Tropfen auf dem heissen Stein.
Überhaupt muss man zwischen Genusstrinkern und Wirkungstrinkerinnen unterscheiden: Es sind Letztere, die laut fordern, den Alkohol in Ruhe zu lassen. Jo Dunkel aus Basel war ein solcher Wirkungstrinker. Heute produziert er alkoholfreie Destillate auf höchstem Niveau. Er trinkt nicht mehr und empfiehlt, «das Treten nach links und rechts zu lassen, gemeinsam am Tresen zu stehen und unsere Drinks zu trinken. Ob mit oder ohne».
Dem ist nichts hinzuzufügen.