Anschnitt

Storytelling von Bangkok bis Kärnten

Wolfgang Fassbender

Zu Gaggan Anand kommen die Leute wohl vor allem der Geschichten wegen. Was der indische Koch in seinem Showlokal in Bangkok so verkündet, ist in diesem Beitrag zu lesen. Eine Nummer kleiner machen es jene österreichischen Köchinnen und Köche, die seit zehn Jahren den Koch.Campus veranstalten. Eine Art Workshop, an dem auch Journalisten und Produzentinnen teilnehmen, der aber nicht zuletzt eine Weiterbildungsplattform für die Branche ist – und ein Werkzeug, um das Geschichtenerzählen zu verbessern.

Die Koch.Campus-Mitglieder stammen nicht zufällig aus Wien, der Steiermark oder Kärnten, wo die Wertschätzung für die Gastronomie ebenso gross ist wie die Begeisterung für die Weiterentwicklung traditioneller Produkte. Den bisherigen Koch.Campus-Ausgaben verdanke ich sensationelle Events, etwa eine Verkostung unterschiedlicher Rüebli-Sorten oder die Präsentation, die Hirn, Leber und Milz unterschiedlich aufgewachsener Kälber in den Mittelpunkt stellte. Beim Jubiläums- Campus ging es gerade ums Melken und die Milchwirtschaft, um die Käseherstellung und das Zusammenwirken von denen, die Tiere aufziehen, jenen, die mit den Rohstoffen arbeiten, und denen, die alles am Tisch erläutern. 

Warum es einen Koch.Campus in der Schweiz bislang nicht gibt? Vielleicht weiss es der, der auch erklären kann, warum viele Gourmets ausserhalb der Eidgenossenschaft noch nie vom Sbrinz gehört haben und weshalb es zwischen Basel und Lausanne allenfalls drei, vier Restaurants gibt, die beständig Anlaufstellen internationaler Foodies sind. Bei Anand, dem storytellenden Koch in Bangkok, ist das anders. Zwei Seatings am Abend und Gäste, die wohl auch seinetwegen den Flug buchen. Ob das nachhaltig ist, kann man diskutieren, aber dass alle geschichtensatt nach Hause gehen, steht fest. 

Wolfgang Fassbender

Gastronomie- und Weinjournalist
Ausgabe: Salz & Pfeffer 6/2023 / Datum: 16.11.2023