In welchem Gebiet hat die Branche denn den grössten Aufholbedarf?
Ich sehe bei der Angebotsgestaltung noch einiges an Potenzial und einen grossen Hebel. Ausserdem bei der klaren Positionierung eines Betriebs: dass sich die Verantwortlichen wirklich Zeit nehmen, sich Gedanken darüber machen, wofür ihr Unternehmen stehen soll – und wie sie sich nachhaltig von der Konkurrenz abheben können.
Ihre Website ging im September online. Wie ist das Feedback darauf?
Bislang erhalten wir hauptsächlich Rückmeldungen von Menschen und Institutionen, die sich bereits in irgendeiner Form mit dem Thema beschäftigen: Bei ihnen kommt unser Angebot sehr gut an. Die Frage ist nun allerdings, wie wir damit die breitere Masse erreichen – insbesondere jene Leute, für die das Konzept der Kreislaufwirtschaft neu ist.
Und?
Unsere Workshops und Veranstaltungen richten sich explizit auch an Interessierte, die selbst nicht Mitglied im Verein sind. Und die Zusammenarbeit, die wir momentan mit einer Bildungsinstitution im Wallis haben, an der wir einen Kurstag für Gastronomen und Gastronominnen zum Thema Kreislaufwirtschaft gestalten dürfen, würden wir gerne multiplizieren. Ausserdem ist es in einem nächsten Schritt das Ziel des Vereins, über die lokale Ebene in Biel hinauszugehen.
Bleiben wir doch noch einen Moment beim Thema Bildung: Welche Rolle spielt sie in dieser Sache?
Eine sehr grosse. In einer entsprechenden Weiterbildung erhalten die Verantwortlichen einen Überblick über das durchaus komplexe Thema. Das hilft ihnen, zu entscheiden, in welchem Bereich sie aktiv werden möchten respektive können. Entscheidend ist aber auch, dass innerhalb des Betriebs Schulungen stattfinden. Denn es nützt wenig, wenn sich nur der Chef oder die Chefin für mehr Nachhaltigkeit einsetzt, ohne dass das Team mitzieht und sich entsprechend auskennt. Ich finde ja sogar, dass es sich bereits in der Rekrutierung lohnt, das Thema anzuschneiden. So findet man gleich zu Beginn heraus, ob jemand zur Philosophie des Hauses passt.
Momentan können Gastronominnen und Gastronomen ihre Mitarbeitenden allerdings nicht unbedingt auswählen.
Das mag teilweise stimmen. Es kann aber eben auch eine Chance sein, einen Betrieb mit einer klaren Vision in Sachen Nachhaltigkeit zu positionieren. Das ist für immer mehr Menschen attraktiv.
Betriebe werden also wettbewerbsfähiger?
Das würde ich nicht generell sagen. Aber so wie gelebte Nachhaltigkeit für immer mehr Gäste relevant ist, ist sie es auch für Angestellte. Und ich kann mir vorstellen, dass zumindest ein gewisser Anteil jener Generation, die derzeit aus der Lehre kommt, explizit einen Betrieb aussucht, der die Kreislaufwirtschaft im Blick hat. Sinnhaftigkeit im Arbeitsalltag ist für junge Menschen ein Thema: Da kann der Fokus auf Nachhaltigkeit bei der Wahl eines Unternehmens durchaus den Ausschlag geben.