Bunter essen, gesünder leben

Der menschliche Körper funktioniert besser, wenn er seine Nähr- Bau- und Betriebsstoffe aus vielen verschiedenen Pflanzen bezieht. Die gute Nachricht: Schoggi und Kaffee zählen ebenfalls.
Gastbeitrag: Lauren Wildbolz, Kreativ-Direktorin Soil to Soul – Fotos: Fabian Häfeli, z. V. g.
Veröffentlicht: 14.11.2023

Die Idee ist mehr als eine Modeerscheinung.

Der Verzehr von 30 verschiedenen Pflanzen pro Woche kann die Vielfalt und Gesundheit des Darmmikrobioms fördern. Und das wiederum kann sich auf viele andere Aspekte der Gesundheit auswirken. Wer nun denkt, dass 30 unterschiedliche Pflanzen etwas viel seien, darf beruhigt sein: Es zählen nicht nur Obst und Gemüse, sondern auch Körner, Nüsse, Samen, Kräuter und Gewürze. Mit zwei frisch zubereiteten Currys kommt man schon auf eine beträchtliche Anzahl der verlangten 30 unterschiedlichen Gewächse.

Mehr als Mode: Präbiotika
Seit Jahren deuten viele Studien darauf hin, dass der Verzehr von fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag langfristig einen erheblichen positiven Einfluss auf die menschliche Gesundheit hat. Viele Experten und Expertinnen sind jedoch der Ansicht, dass der Verzehr einer Vielzahl von Pflanzen ebenso wichtig ist. Die Idee, jede Woche 30 verschiedene Pflanzen zu essen, ist deshalb mehr als eine Modeerscheinung. Essgewohnheiten wie die mediterrane Ernährung, die eine grosse Vielfalt an pflanzlichen Lebensmitteln enthält, stehen in engem Zusammenhang mit einem geringeren Risiko für langfristige Gesundheitsprobleme wie Herzkrankheiten und Diabetes Typ 2.

Ebenso wichtig ist der Verzehr einer Vielzahl pflanzlicher Lebensmittel jedoch auch für die Gesundheit des Darmmikrobioms – der Gemeinschaft von Bakterien und anderen Mikroorganismen, die im Darm leben (mehr dazu hier). Pflanzen enthalten nämlich so genannte Präbiotika, die den für uns nützlichen Darmbakterien als Nahrung dienen. Zu den Präbiotika in Pflanzen gehören verschiedene Arten von Ballaststoffen und anderen Kohlenhydraten sowie chemische Substanzen, die Polyphenole genannt werden. Diese sind für die Farbe vieler Pflanzen verantwortlich und verfügen ausserdem über antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften. Verschiedene Pflanzen enthalten verschiedene Präbiotika, die wiederum verschiedene Darmbakterien ernähren. Das bedeutet, dass der Verzehr eines breiten Spektrums von Pflanzen wahrscheinlich die Vielfalt der Bakterien im Darmmikrobiom fördert. Und ein vielfältigeres Mikrobiom, das reich an nützlichen Keimen ist, wird mit einem besser funktionierenden und widerstandsfähigeren Darm in Verbindung gebracht.

Woher die Zahl 30?
Experten wie der Zoe-Mitbegründer Tim Spector empfehlen also, 30 verschiedene Pflanzen pro Woche zu essen, und auch in den sozialen Medien tauchten bereits entsprechende Challenges auf. Zudem veröffentlichten Wissenschaftler im Jahr 2018 die Ergebnisse des American Gut Project, einer Zusammenarbeit von Forscherinnen und über 10000 sogenannten Bürgerwissenschaftlern aus den USA, Grossbritannien und Australien. Die Freiwilligen machten detaillierte Angaben zu ihren Ernährungsgewohnheiten. Ausserdem gaben sie Proben ihres Stuhls ab. Die Forscher analysierten diese, um herauszufinden, welche Darmbakterien sie enthielten. Und die Studie ergab, dass Teilnehmende, die eine grössere Vielfalt an Pflanzen assen, ein vielfältigeres Darmmikrobiom hatten. Teilnehmende, die 30 oder mehr verschiedene Pflanzen pro Woche konsumierten, besassen eher nützliche Darmbakterien als jene, die nur zehn Pflanzen zu sich nahmen. Ihre Stuhlproben enthielten auch mehr gesunde Chemikalien, die von diesen Bakterien produziert wurden.

Was zählt als Pflanze?
Es muss nicht schwierig sein, die Vielfalt und Menge der Pflanzen in der Ernährung zu erhöhen, vor allem, wenn man seine Vorstellung von pflanzlichen Lebensmitteln um Gewürze, Kräuter, Nüsse und Samen erweitert. Es ist überdies nicht entscheidend, grosse Mengen von jeder Pflanze zu verspeisen, damit der Nutzen eintritt. Es zählen auch kleine Prisen von Kräutern und Gewürzen. Wobei man für den vollen Nutzen von Kräutern und Gewürzen versuchen sollte, sie mehrmals pro Woche zu essen. Wichtig: Man sollte dabei auf die Farben des Gemüses achten. Zum Beispiel zählen rote, grüne und gelbe Peperoni als drei verschiedene Pflanzen. Das liegt daran, dass verschiedene Farben verschiedene Polyphenole bedeuten, die verschiedene Arten von Darmmikroben stimulieren – und jeweils verschiedene gesundheitliche Vorteile haben.

Auswahl gibts reichlich – gewusst, wo
Gemüse gibt es in allen möglichen Formen, Grössen und Farben. Zu den 30 Pflanzen auf dem Speiseplan können verschiedene Arten von Wurzelgemüse, Salatblätter, Kreuzblütler (auch Brassica genannt) und Lauchgewächse wie Zwiebeln, Knoblauch und Schnittlauch gehören. Es gibt zudem eine riesige Auswahl an Früchten, darunter auch solche, die man mit herzhaften Gerichten in Verbindung bringt (wie beispielsweise Tomaten und Avocados). Zu den Hülsenfrüchten wiederum gehören Bohnen oder Erbsen. Sie sind unglaublich vielseitig und eine grossartige Quelle für Ballaststoffe. Körner und Getreidesorten, die angerechnet werden, sind unter anderem Gerste, verschiedene Reissorten und die Arten, die oft zu Mehl verarbeitet werden (Weizen und Roggen). Man sollte sich wenn möglich für Vollkorngetreide entscheiden, das alle Ballaststoffe der Pflanze liefert. Insgesamt enthalten ganze Körner mehr Nährstoffe als raffinierte Körner wie Weissmehl und weisser Reis. Ausserdem sind sie besser für den Blutzucker- und Blutfettspiegel. Nüsse und Samen enthalten Eiweiss, Ballaststoffe, gesunde Fette, Vitamine und Mineralstoffe. Sie eignen sich hervorragend als Snack und können viele Mahlzeiten mit einem sättigenden Knackpunkt versehen. Und nicht zuletzt: Kräuter und Gewürze sind eine gesunde Methode, um Mahlzeiten einen zusätzlichen Geschmacksschub zu verleihen. Sowohl frische als auch getrocknete Gewürze sind geeignet.

Ăśberraschung!
Von manchen Lebensmitteln erwartet man vielleicht nicht, dass sie zählen, denn sie sehen nicht wie pflanzliche Lebensmittel (oder Getränke) aus. Aber gesunde Versionen dieser Lebensmittel zählen alle für das Ziel von 30 Pflanzen pro Woche. Kaffeebohnen sind die Samen der Kaffeebeere und gehören zur Kategorie Frucht. Viele der Ballaststoffe und Polyphenole in gemahlenen Kaffeebohnen gelangen ins Getränk. Zudem hat Kaffee eine Reihe potenzieller gesundheitlicher Vorteile. Dunkle Schokolade zählt ebenfalls. Schokolade wird aus den Samen einer tropischen Frucht gewonnen, enthält Polyphenole und kann gesundheitsfördernd sein. Die gesündesten Varianten verfügen über einen hohen Anteil an Kakaotrockenmasse – 70 Prozent oder mehr – und enthalten keine künstlichen Zusatzstoffe. Und auch Popcorn gehört auf die Liste. Die Maiskörner dafür zählen zu den Vollkornprodukten. Wenn Popcorn luftgepoppt wird und nicht zu viel Salz oder Butter enthält, gilt es laut der American Heart Association als gesunder Snack.

Weitere Tipps

 

Vorräte anlegen – So, wie man viel frisches Obst und Gemüse zur Hand haben sollte, gehören die heimischen Schränke mit Obst- und Bohnenkonserven sowie Hülsenfruchtpaketen aufgefüllt.

Salate aufpeppen – Nüsse oder Samen können Salaten einen schönen Knack verleihen, Äpfel oder Fenchel können diese interessanter machen. Kräuter geben Geschmack, Hülsenfrüchte oder Tofuwürfel sorgen für Substanz.

Soja-Joghurt aufpeppen – Fermentierter Joghurt und Kefir sind gut für den Darm. Wenn man Nüsse, Samen oder Früchte wie Beeren hinzufügt, erhält der Joghurt eine ganz neue Note.

Bohnen sind willkommen – Man kann Bohnen nicht nur in Salate und Eintöpfe geben, sondern auch köstliche Dips daraus zubereiten oder Fleisch in Rezepten durch Linsen oder Tofu ersetzen. Anstatt nur eine Bohnensorte zu verwenden, sollte man eine Mischung aus zwei oder drei Sorten ausprobieren.

Grünzeug verstecken – Grünes Blattgemüse wie Spinat oder fein geschnittener Kohl verwelken schnell, wenn sie in Dhals, Eintöpfe und Pfannengerichte eingerührt werden, und erhöhen so auf subtile Weise den Pflanzenanteil im Essen.

Snacks – Wer Snacks wie Chips oder Süssigkeiten gegen gemischte Nüsse, Beeren oder geschnittene Peperoni austauscht, kommt seinem Ziel gleich näher.

Im Rahmen der Medienpartnerschaft von Salz & Pfeffer und Soil to Soul erscheinen an dieser Stelle in loser Folge Textbeiträge von Kreativ-Direktorin Lauren Wildbolz rund um das Thema pflanzenbasierte Ernährung. Damit beschäftigt sich die bekannte Zürcher Vegan-Kulinarikerin bereits seit über einem Jahrzehnt. 2010 eröffnete sie das erste vegane Restaurant der Schweiz, seit 2012 führt sie ein gehobene Cateringunternehmen. Wildbolz, die auch als Künstlerin tätig ist, stellt ihr Expertinnenwissen regelmässig als Sprecherin und Podiumsteilnehmerin zur Verfügung, gibt Gastroschulungen für Restaurants und Hotels, produziert Videos und verfasst aktuell ihr drittes Buch.



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