Eine Frage der Lage

Hochlandweine liegen im Trend, sagt David Schwarzwälder. Was macht die Höhe mit der Frucht? Welche Rolle spielt der Klimawandel? Und warum ist Spanien für den Anbau von Mountain Wines prädestiniert?
Interview: Sarah Kohler – Foto: z. V. g.
Veröffentlicht: 13.12.2018
Sein Spezialgebiet sind iberische Weine: Fachjournalist, Buchautor und Dozent David Schwarzwälder.

«Aber Vorsicht: Höhenlagen sind kein Allheilmittel.»

Von Mountain Wines spricht man in der Regel, wenn Weine auf mehr als 650 Meter ĂĽber Meer angebaut werden. Welche Vorteile hat der Weinbau da oben?
David Schwarzwälder: Es ist ganz einfach kühler, der Wachstumszyklus dauert länger und die Weine werden ausgewogener. Man erzielt ein besseres Gleichgewicht zwischen Frucht, Säure und Alkohol. Ein Wein aus einem niedrig gelegenen Weinberg erreicht die perfekte Balance bei 14 Volumenprozent – ein Wein, der in grösserer Höhe angebaut wird, schon bei 13 Volumenprozent.

Eine wichtige Rolle, sagen Sie, spielt aber immer auch der Standort.
Das stimmt. An der Mosel höher hinauf zu gehen, wäre – noch – nicht sinnvoll, das Klima ist dort auf normaler Höhe kühl genug. In Südeuropa hingegen wird die Höhe zum entscheidenden Faktor, weil die Weine in der Hitze der flachen Lagen je nach Terroir unausgewogen und alkoholbetont ausfallen können. Typisch für Höhenlagen sind grosse Temperaturunterschiede: Die Kühle der Nacht sorgt für eine elegante Frucht und schützt den Säuregehalt im Wein. Er wirkt am Ende frischer und oft feiner.

Und mit welchen Herausforderungen muss der Weinstock in der Höhe klarkommen?
Er respektive das Lesegut ist in der Höhe verstärkt den Launen der Natur ausgesetzt. Früh- beziehungsweise Spätfröste suchen die Pflanzungen heim, die Winde sind kräftiger und fördern eine stärkere Verrieselung während der Blüte et cetera. Höhe ist immer ein kompliziertes Terroir und die Jahrgangsunterschiede sind noch extremer.

Welche Rolle spielt dabei der Klimawandel?
Er forciert logischerweise den Trend, in der Höhe zu arbeiten. Wenn es auch in unseren gemässigten Gefilden zunehmend wärmer und trockener wird, könnte man das kompensieren, indem man in die Höhe geht. Aber Vorsicht: Höhenlagen sind kein Allheilmittel. Es kommt immer darauf an, wie der Platz beschaffen ist, an dem man arbeitet.

Gibt es spezielle Charakteristiken, die Hochlandweine auszeichnen?
Wieder sind es die Balance und die Feinheit. Es kommt natürlich darauf an, welchen Wein der Winzer machen will. Ist er auf Wucht und Opulenz aus, ergibt ein Weinberg in der Höhe wenig Sinn.

Aber?
Der Trend geht ja weg von überladenen Weinen mit wuchtiger Struktur und viel Alkohol. Vor allem den südeuropäischen Winzern eröffnet sich mit dem Weinbau in Höhenlagen die Möglichkeit, zeitgemässe, elegante und präzise Weine zu machen.

Sie halten Spanien hierbei fĂĽr besonders potentes Terrain. Warum?
Kein Land in Europa hat soviel Anbaufläche auf über 700 Metern über Meer. Und kein Land kann auf so viel altes Rebland in der Höhe zurückgreifen. Das heisst: An vielen extremen Plätzen in Spanien standen früher Reben, die aufgrund der Unwirtschaftlichkeit von den Fünfziger- bis in die Achtzigerjahre eliminiert wurden. Auf diese Lagen greifen die neuen Winzer Spaniens nun zurück. Natürlich gibts viele alte Lagen in der Höhe, die von älteren Weinbauern oder Genossenschaften nicht isoliert als solche behandelt werden. Doch auch diese Parzellen werden immer mehr von jungen Winzern gezielt bewirtschaftet – und explizit als Höhenlagen ausgebaut.

David Schwarzwälder ist Fachjournalist, Buchautor, Dozent – und ausgewiesener Experte für iberische Weine. Auf Einladung der spanischen Botschaft führte er unlängst durch eine Verkostung auf Schloss Schauenstein, in deren Rahmen er sich einer Auswahl von sogenannten Mountain Wines widmete, also Weinen, die in Höhenlagen (ab rund 650 Metern über Meer) kultiviert werden.
www.david-schwarzwaelder.de



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