«Die Rösti singt»

Alain Koenig ist Küchenchef im Zürcher Zunfthaus Zur Waag und stadtbekannt für seine Rösti. Der Elsässer hat den Eidgenossen einiges voraus, wenn es um die helvetische Leibspeise geht.
Text: Virginia Nolan – Fotos: Njazi Nivokazi
Veröffentlicht: 01.09.2020 | Aus: Salz & Pfeffer 5/2020

«In eine richtige Rösti gehören weder Ei noch Mehl. Salz reicht vollkommen.»

Wie gelingt eine gute Rösti?

Alain Koenig: Das A und O ist die Wahl der richtigen Kartoffel – und die wiederum eine Wissenschaft für sich. Worauf kommt es dabei an? Damit die Rösti in der Pfanne nicht auseinanderfällt, muss die Knolle über genügend Stärke verfügen. Frühkartoffeln sind stärkearm und eignen sich aus diesem Grund nicht dafür. Darum rate ich Köchen, besser genügend Kartoffeln vom Vorjahr einzulagern, statt auf Frühjahrsknollen zu setzen.

Welche Sorten verwenden Sie?
Das ist, mit Verlaub, ein Betriebsgeheimnis, an dem ich lange herumgetüftelt habe. Nur so viel: Ich verwende zwei festkochende Sorten, die ich im Verhältnis von 30 zu 70 mische. Gschwellti vom Vortag ist die beste Rösti-Basis. Aber Achtung: Die Knollen sollen nur zu drei Vierteln, also nicht ganz gar, gekocht sein. Nach einer Nacht im Kühlschrank und anschliessendem Schälen und Raffeln sind sie bereit für die Pfanne.

Und was kommt mit rein?
In eine richtige Rösti gehören weder Ei noch Mehl. Salz reicht vollkommen – und geklärte Butter zum Braten natürlich. Sie ist ein hervorragender Geschmacksträger und sorgt für eine schöne Kruste. Damit nichts anbrennt, darf beim Braten ruhig grosszügig nachgegossen werden. Aussen knusprig und saftig im Kern: So soll eine Rösti schmecken.

Das ist einfacher gesagt als getan.
Ich weiss. Damit es gelingt, muss die Masse eine gewisse Dicke haben. Entscheidend ist also die richtige Pfannengrösse: Ist das Format zu gross, gerät die Masse zu flach – und trocknet innen aus.

Was empfehlen Sie?
Ich arbeite mit Blini-Pfännchen von gerade einmal zehn Zentimetern Durchmesser. In jedes kommen 300 Gramm Kartoffeln. Die fertige Rösti ist dann noch 220 Gramm schwer und etwa drei Zentimeter hoch – eine gute, schön luftige Portion.

Was muss der Rösti-Koch noch beachten?
Die allerwichtigste Zutat für das perfekte Ergebnis ist einfach: Zeit! Wer sich keine nehmen will, soll besser etwas anderes kochen. Die Rösti verträgt nämlich keine Abkürzungen, beispielsweise durch kurzfristige Temperatursteigerung. Ich lasse ihr auf jeder Seite sieben Minuten Zeit – bis sie zu singen beginnt.

Singen?
Ja, die Rösti singt! Es sind leise Pfeif- und Zischgeräusche, die ankündigen, dass sie fürs Wenden bereit ist. Das registriert aber nur, wer den Kartoffeln die gebührende Zeit und Aufmerksamkeit schenkt.



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